Schlagzeilen auf Kosten der Sachlichkeit → „So teuer wie ein Haus → Eine Dreiviertelmillion auf Rädern, Traumauto der Feuerwehr sorgt für Aufsehen“
„So teuer wie in Haus → Eine Dreiviertelmillion auf Rädern, Traumauto der Feuerwehr sorgt für Aufsehen“ – so tituliert eine Tiroler Tageszeitung Mitte Dezember 2025 eine socia-media-Schlagzeile, gemacht für Aufmerksamkeit, Empörung und Kommentarspalten. Sie funktionieren zuverlässig, weil sie Emotionen wecken und ein einfaches Bild zeichnen: teures Spielzeug, finanziert vom Steuerzahler. Was dabei oft fehlt, ist genau das, was Journalismus eigentlich ausmacht: Einordnung, Recherche und Verantwortung.
Hermann Kollinger betrachtet die Thematik und Problematik in einem Kommentar
Gerade Feuerwehren sind ein dankbares Ziel. Einerseits wird in Medien fast aus der Selbstverständlichkeit heraus und regelmäßig darüber geklagt, dass Einsatzmeldungen zu spät kommen, Informationen fehlen oder Fotos nicht geliefert werden. Andererseits scheuen dieselben Medien keine Gelegenheit, Feuerwehren bei der Anschaffung neuer Fahrzeuge oder Geräte öffentlich an den Pranger zu stellen – vorzugsweise mit zugespitzten Schlagzeilen, die Klicks versprechen.
Hinter die Zahlen schauen
Bei all dem „Kopieren“ und „einfügen“ Beiträgen wäre es gerade bei heiklen Themen doch die journalistische Pflicht, auch hinter die Zahlen zu schauen. Warum kostet ein modernes Feuerwehrfahrzeug heute mehrere hunderttausend Euro? Die Antwort ist komplex, aber keineswegs skandalös: steigende Rohstoffpreise, hochspezialisierte Technik, strengere Normen, umfangreiche Sicherheitsausstattung, individuelle Anpassungen an regionale Gefahrenlagen und lange Entwicklungs- sowie Lieferzeiten. Ein Feuerwehrfahrzeug ist kein Serien-Pkw, sondern ein rollender Arbeitsplatz, der im Ernstfall Leben retten muss – oft unter extremen Bedingungen.
Und nochmals teurer
Noch brisanter: Die Preisentwicklung endet nicht hier. Fahrzeuge, die ab 2026 bestellt werden, werden laut Ankündigung der Hersteller aufgrund neuer Normen, zusätzlicher Sicherheitsanforderungen, emissionsarmer Antriebe und weiter steigender Produktionskosten nochmals deutlich teurer werden. Wer heute nur den Preis skandalisiert, ohne diesen Kontext zu liefern, erzeugt ein verzerrtes Bild und nährt unterschwellig Misstrauen gegenüber jenen, die ehrenamtlich für die Allgemeinheit im Einsatz stehen.
Auch Feuerwehren dran schuld
Natürlich trägt auch die Feuerwehr selbst Verantwortung für die öffentliche Wahrnehmung. Bei Indienststellungen liest man nicht selten Formulierungen, die eher an ein neues Spielzeug erinnern als an ein dringend benötigtes Einsatzmittel: „Man fühlt sich wie zu Weihnachten“, „ein Traum ist in Erfüllung gegangen“, „endlich hat das lange Warten ein Ende“. So verständlich die Freude nach jahrelanger Planung und Warterei auch sein mag – solche Worte sind Wasser auf die Mühlen jener, die ohnehin von Verschwendung sprechen wollen.
Sachlichkeit statt Emotion
Gerade in Zeiten sensibler Budgetdiskussionen wäre Sachlichkeit angebracht. Nicht die Freude am Neuen sollte im Vordergrund stehen, sondern die Notwendigkeit: Welche Einsätze können damit besser bewältigt werden? Welche Sicherheitsgewinne bringt das Fahrzeug für Bevölkerung und Einsatzkräfte? Welche alten Mängel werden behoben? Transparenz schafft Verständnis – Pathos hingegen Angriffsflächen. Ebenso sollte der Hinweis nicht fehlen, dass Land und Gemeinden verpflichtet sind, für den Brand- und Katastrophenschutz zu sorgen. Die wenigsten Fahrzeug werden aus Wohlwollen für die Feuerwehr beschafft (und wenn, betrifft das maximal mal einen zweiten Mannschaftstransporter, um die Feuerwehrjugendlichen nicht immer mit den Privatautos herumkutschieren zu müssen!).
Aufklärung statt Provokation
Medien wiederum sollten sich fragen, ob sie ihrer Rolle gerecht werden, wenn sie mit zugespitzten Überschriften Stimmung machen, statt aufzuklären. Kritik an öffentlichen Ausgaben ist legitim und notwendig. Doch sie verliert an Wert, wenn sie auf verkürzten Darstellungen beruht und komplexe Zusammenhänge ignoriert. Wer Feuerwehren einerseits als unverzichtbare Stütze der Gesellschaft darstellt und sie andererseits bei jeder Gelegenheit „in die Pfanne haut“, betreibt keinen ausgewogenen Journalismus, sondern Opportunismus.
Verständnis statt Neid und Empörung
Sachliche Berichterstattung und sachliche Kommunikation sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Wenn beide – Medien und Feuerwehren – ihrer Verantwortung gerecht werden, entsteht Verständnis statt Neid, Vertrauen statt Empörung. Und genau das sollte das Ziel sein, wenn es um jene geht, die im Ernstfall nicht fragen, was ein Leben kostet, sondern alles daransetzen, es zu retten.


