
Zu volle Hosen bei den Mitgliederzahlen? → freier Kommentar
Der freie Kommentar aus der Brennpunkt-Ausgabe 2/2025 (April 2025)
Vor Kurzem hatte ich ein Gespräch mit einem Feuerwehrmann. Er meinte, dass er das Gefühl habe, dass sich die Feuerwehr als gesamte Organisation nach außen hin fast scheue, der Politik und der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass man durchaus Mitglieder braucht und nicht immer nur auf volle Hose tun sollte. Rettungsorganisationen werben tagtäglich, dass sie die passende Jacke hätten. Nur wir als Feuerwehr tun meist so, als hätten wir das nicht not.
Hat er recht oder nicht? Ja, wir rühmen uns über die vielen Tausenden Feuerwehrleute, die Österreich aufweisen kann. Über 300.000 sollen es sein. Feuerwehren sollen dabei sein, wo fast der ganze Ort dabei ist, die Wehr, wenn dann mal ein Einsatz ist, aber dennoch fast nicht ausrücken kann. Dann gibt‘s wieder welche, die einen Mitgliedsbeitrag bezahlen und deswegen – obwohl in Oberösterreich nie dafür vorgesehen – als Feuerwehrmitglied geführt werden, jedoch keinerlei Ausbildung aufweisen und schon gar nicht bei einem Feuerwehreinsatz zur Verfügung stehen. Vielfach haben diese Mitglieder nicht einmal eine Dienst- oder Einsatzbekleidung. Aber jedenfalls hat die Feuerwehr nahe außen hin eine dicke Hose mit 200 Feuerwehrleuten. Zumindest ist die Schlagkraft einmal auf Papier und auf der Webseite vorhanden.
Oder fällt es – wirklich wertfrei und nur nach Fakten beurteilt – eh nicht auf, wenn eine von 10 Feuerwehren halt nur mit vier Manderln zum Großeinsatz kommt? Die waren halt nicht mehr.
Auffallen wird‘s aber, wenn die Wehr mit dem Tanklöschfahrzeug und der Drehleiter oder dem angeforderten Abrollbehälter plötzlich nicht kommt, mit der man fix gerechnet hat. «Da schau her, die können ned ausfahren» wird‘s dann Spott und Kritik hageln, während es bei der Feuerwehr X einfach üblich ist, dass die nur mit drei, vier Leuten anrollt. Bei 20, 30 Einsätzen im Jahr wird‘s mit Personalproblemen wohl nicht so schnell akut werden.
Wechseln wir aber nun zu den oft „verpönten“ größeren Wehren, deren Einsatz-Chronik im Jahr echte 200, 300, 400 oder noch mehr Einsätze zählt. Also tatsächliche Anlässe und nicht jene Schlingel, die aus einer Ausfahrt zur gleichen Adresse wegen drei verschiedenen Tätigkeiten drei Hilfeleistungen aufschreiben – die gibt‘s angeblich auch, wenngleich das hoffentlich nur ganz ganz wenige sind, die sich und andere auf diesem Weg selbst anlügen. Ist es bei diesen Wehren häufiger, dass das Personalproblem auftritt, wenngleich das in den meisten Fällen dann ja auch gleichzeitig größere Orte sind? Vermutlich ja, wenn man sich umhört. Dort ist es meist der Fall, dass die Personaldecke dünner ist, weil die Bereitschaft Einzelner, drei, vier, fünf Mal oder öfter das Feuerwehrhaus aufzusuchen dann nicht mehr so groß ist, wie vielleicht zur Monats- oder gar nur Halbjahresübung und zu einer Handvoll Einsätzen. Nochmals für die Sensiblen, das ist kein urteilen oder werten, das sind Fakten.

Ich denke als nicht, dass es Schwäche zeigen würden, wenn wir uns gelegentlich dazu outen, dass wir sehr wohl um Quereinsteiger dankbar sind und um jeden, der im Feuerwehrdienst anpackt. «Ja, wir sind in der Lage, die Einsätze zu meistern und die Geräte zu bedienen, aber wir sind dankbar um jede weitere Kraft!» Vielleicht wäre das eine Form von Outing, dass auch frischen „50-Prozent-Kräften“ den Anstoß kann, doch zur Feuerwehr zu gehen, weil sie mich vielleicht doch brauchen und nicht „sowieso genug sind!“
Das veränderte Freizeitverhalten sowie die sich veränderten Lebensgewohnheiten werden die Zeitspannen, die jemand bereit ist, der Feuerwehr zur Verfügung zu stellen, verändern. Und vermutlich nicht unbedingt nach oben hin. Mit 20 war ich als Mitglied einer mittelgroßen Feuerwehr mit diesen 200+ Einsätzen der Überzeugung, jeder muss 120 Prozent und noch mehr Feuerwehr sein. Heute denke ich mir, der, der „nur“ im Haus die IT erledigt, der „nur“ dem Gerätewart hilft oder die Jugendarbeit unterstützt, jedoch nicht bei jedem Einsatz mit dabei sein will, ist genauso wichtig wie der übereifrige „Feuerfresser“ an der Front.
Bedenkt man all die Vorschriften und Prüfungen, die heute den Gerätewart treffen und vergleicht das mit den Reglement vor noch 30 Jahren, liegen hierbei Welten dazwischen.
Es wird nicht notwendig sein, nun hysterisch in die Welt zu schreien, dass wir zu wenig Leute sind. Sicher nicht, das würde genauso wenig der Wahrheit entsprechen. Aber auch den weniger Euphorischen würde – möglicherweise – das kleine Signal, dass auch er oder sie mit dem vorhandenen Potenzial willkommen ist. Und ist man mit dem Virus „Feuerwehr“ einmal infiziert, weiß jeder erfahrene Hase auch, dass von der 30-Prozent-Bereitschaft, die man sich vorgenommen hat, schnell einfach viel mehr entstehen kann.
